PSYCHEDELIKA IN DER MEDIZIN
Psychedelische Therapie
PSYCHEDELIKA
Was sind Psychedelika?
“LSD gab mir innere Freude, eine Aufgeschlossenheit, eine Dankbarkeit, offene Augen und eine innere Sensibilität für die Wunder der Schöpfung.” (Albert Hofmann)
“[Es ist schwierig], Worte zu finden, um es zu beschreiben… Man muss wirklich ein Dichter sein!” (Studienteilnehmer)
Dieses Zitat stammt von Albert Hofmann (Foto unten), dem Entdecker von LSD, und einer Person, die in einer Studie des Imperial College das klassische Psychedelikum Psilocybin einnahm (1). Sie beschreiben einige der außergewöhnlichen Wirkungen psychedelischer Erfahrung. Patienten, welche Psychedelika eingenommen hatten, beschreiben häufig eine grundlegende positive Veränderung ihrer Einstellungen nach ein oder zwei therapeutisch begleiteten Therapie-Sitzungen. Therapien mit diesen Substanzen werden in der Psychiatrie als potenziell sehr wirksame Behandlungen für verschiedene psychische Störungen untersucht.
ABGRENZUNG
Klassische Psychedelika
“Klassische” Psychedelika sind eine Substanzklasse, die vor allem am 5HT2a-Serotoninrezeptor aktiv ist. Die bekanntesten Psychedelika sind: Psilocybin – ein psychoaktiver Wirkstoff, der in den “Magic Mushrooms” [„Wunderpilzen“] und mehr als 200 anderen Pilzarten vorkommt, Lysergsäurediethylamid [LSD] – das erste Psychedelikum, das 1949 als Medikament zugelassen wurde, Meskalin und Dimethyltryptamin [DMT], das auch ein Wirkstoff in Ayahuasca ist – einem Pflanzensud, der in traditionellen Heilungszeremonien bei einigen Amazonas-Stämmen verwendet wird und seit einigen Jahrzehnten auch im Westen Verbreitung findet.
Psychedelisch ist ein 1953 vom Psychiater Humphrey Osmond geprägter Neologismus aus den griechischen Wörtern psyche (Geist) und delos (offenbaren/manifestieren). Damals bezog er sich in erster Linie auf die Wirkungen von Lysergsäurediethylamid (LSD), doch heute wird der Begriff für eine Reihe pharmakologisch unterschiedlicher Substanzen verwendet, die veränderte Bewusstseinszustände erzeugen können.
(Foto: Albert Hofmann, Entdecker des LSD)
WIRKUNG
Was bewirken Psychedelika im Gehirn?
Psilocybin und andere Psychedelika wirken auf der neurobiologischen Ebene und beeinflussen andererseits aber auch das menschliche Bewusstsein – im Sinne einer veränderten Wahrnehmung des Selbst und der Welt. Sie regen das neuronale Wachstum an, was zu einer erhöhten psychologischen Flexibilität, Offenheit und dem Entstehen neuer Perspektiven führen kann. Ein durch Psychedelika aktiviertes Gehirn vernetzt sich während der Wirkung stärker: unter Psychedelika wurde gezeigt, dass die Kommunikation zwischen verschiedenen neuronalen Regionen intensiviert wurde (2). Außerdem beeinflussen psychedelische Substanzen die Aktivität des Default Mode Network (DMN). Das DMN ist ein neuronalen Netzwerks, das im Ruhezustand und bei passiver Tätigkeit aktiviert wird und an der Wahrnehmung und Aufrechterhaltung des Selbst und des Ichs beteiligt ist. Ein Gehirn, das unter der Wirkung psychedelischer Substanzen steht, neigt dazu, spielerischer und phantasievoller zu sein, und ist somit eher in der Lage, sich herausfordernden Erfahrungen oder Erinnerungen zu stellen und mit mehr Widerstandskraft (Resilienz) und Kreativität zu reagieren.
THERAPIE MIT PSYCHEDELIKA
Behandlung psychischer Erkrankungen
Mehrere Arten von wissenschaftlichen Studien berichten, dass Psychedelika-augmentierte (oder assistierte/unterstützte) Psychotherapie eine vielversprechende Behandlung für verschiedene psychische Störungen ist. Allerdings werden derzeit (im Jahr 2021) nur Psilocybin und MDMA in laufenden sogenannten Phase-III-Studien untersucht, so dass die Evidenz für die folgenden Indikationen noch als vorläufig zu betrachten ist. Phase-III-Studien führen im Erfolgsfall zu einer Zulassung der Substanzen in den Gesundheitssystemen.
So erwies sich die psychedelisch-augmentierte Psychotherapie in Phase-II-Studien als wirksam bei Angstzuständen und Depressionen im Zusammenhang mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung (5), bei behandlungsresistenten Depressionen (6, 7, 8) und bei Substanzgebrauchsstörungen (9), einschließlich Alkohol-(10) und Tabakabhängigkeit (11).
PSYCHEDELISCHE PSYCHOTHERAPIE
Wie läuft psychedelisch-augmentierte Psychotherapie ab?
“Du wirst zurückkommen/ und von deiner Reise erzählen/ und wir werden gemeinsam wissen/ wohin du gegangen bist/ und wie du zurückgekehrt bist/ auf dieser Reise.“ – Phil Wolfson (28)
Die psychedelisch unterstützte Psychotherapie umfasst ein vorbereitendes psychologisches Screening und eine motivierende Vorbereitung mit einem geschulten Therapeuten. Darauf folgen die Substanz-Sitzung(en) und die integrative Psychotherapie nach der Substanzgabe. Während der Substanz-Sitzungen liegen die Teilnehmer in der Regel bequem auf einer Couch, tragen Augenklappen, hören gezielt ausgewählte Musik und lenken ihre Gedanken auf ihr inneres Erleben. Angesichts der zunehmenden Evidenz für die Einheit von Körper und Geist sind die neurobiologischen Wirkungen dieser Substanzen eng mit der psychotherapeutischen Arbeit und der Vorbereitung einer idealen Umgebung („Setting“) verknüpft.
STUDIEN
Wie ist der aktuelle Stand der Forschung?
Psychedelika werden an mehreren Universitäten der Welt in der Behandlung von psychischen Störungen untersucht. Wenn sie schließlich in den laufenden und zukünftigen Phase-III-Studien erfolgreich sind, könnte die psychedelisch-unterstützte Therapie für viele Patienten eine kostengünstige Alternative zu den Behandlungen mit herkömmlichen Antidepressiva darstellen. Mehrere weltbekannte Institutionen wie die John Hopkins Universität Baltimore, das Imperial College London, die Universität Zürich und das ZI Mannheim, Universität Heidelberg, beteiligen sich inzwischen an dem Bestreben um ein besseres Verständnis der Wirkung von Psychedelika. Der rechtliche und wissenschaftliche Status dieser Substanzen erlaubt es jedoch noch nicht diese in der Regelversorgung von Patienten zu verwenden.
Nichtsdestotrotz wächst das Interesse an klinischer Forschung zu Psilocybin für die Behandlung von Depressionen rapide weiter. Eine Recherche auf ClinicalTrials.gov (am 21. März) ergab, dass mehr als 30 Studien mit psychedelischen Substanzen zur Behandlung von Depressionen mit Psychedelika registriert sind (die meisten mit Psilocybin, aber auch einige mit LSD, Ayahuasca, DMT und Ketamin).
AKTUELLER STAND
Besteht Zugang zu solchen Therapien?
Außerhalb von klinischen Studien sind Therapien mit den genannten Substanzen, wie z.B. Psilocybin, heute nicht möglich. Wenn man den aktuellen Stand der Entwicklung der psychedelisch augmentierten Psychotherapie zusammenfasst, ist es offensichtlich, dass das Interesse sowohl in renommierten akademischen Einrichtungen (Universitäten und Krankenhäusern) als auch in privaten Institutionen wächst. Zweifelsohne wird das Thema in der breiten Öffentlichkeit immer häufiger debattiert, was auch auf die wachsende Anzahl von Fach- & Zeitungsartikeln sowie Büchern zurückzuführen ist.
Ein breiterer Zugang zu psychedelischen Therapien mit Psilocybin und LSD außerhalb von klinischen Studien ist vor deren Zulassung als Medikamente nicht möglich. Eine Ausnahme ist der Compassionate Use und der Off-Label-Einsatz des atypischen Psychedelikums Ketamin. Ketamin kann wertvolle veränderte Bewusstseinszustände erzeugen, die in der Psychotherapie eingesetzt werden. In der OVID Praxis integrieren wir Ketamin-Infusionen in ein ganzheitliches und evidenzbasiertes therapeutisches Konzept zur Ergänzung der Psychotherapie.
Veröffentlicht am 21.04.2021
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